Zeugnis | Reinhard Bonnke
Aus Glauben leben lernen
Als junger Mann folgte Reinhard Bonnke dem Ruf Gottes. Er verließ seine Heimat Deutschland und reiste nach Wales, um dort das Swansea Bible College, eine Bibelschule, zu besuchen. Sie war für ihre ausgewogene Theologie und ihren Schwerpunkt auf Evangelisation und Mission bekannt. Obwohl er damals nur gebrochen Englisch sprach und über keinen Cent verfügte, wusste er, dass Gott ihm aufgetragen hatte, dort die Ausbildung zu machen, die er benötigte. Die Lektionen, die er dort lernte, gingen weit über rein theologisches Kopfwissen hinaus …
Das Herrliche an der Bibelschule in Swansea war, dass sie uns zwang, aus dem Glauben heraus zu leben. Wir beteten um alles. Um den gewaltigen Kohlevorrat, der für die Wintermonate gebraucht wurde, um damit die Gebäude zu beheizen, bis hin zum Geld für die Busfahrkarten, die wir brauchten, um an den Wochenenden auf den Straßen zu predigen. Die Schule sorgte nur für Essen und Unterkunft
Alle Extras mussten „herbeigebetet“ werden. Und immer wurde verlangt, dass wir unseren Bedarf nicht öffentlich erwähnten, sondern „im Geheimen“ beteten. Dies war das Erbe von Georg Müller und Rees Howells. Nun folgte sein Sohn Samuel Howells diesem Weg des Glaubens. Ich lernte es, ihn mir zu eigen zu machen.
Wann immer ein Schüler oder ein Mitglied der Lehrerschaft erlebt hatte, dass der Herr seinen Bedarf ausgefüllt hatte, gab er Zeugnis darüber. Diese Berichte sollten die anderen Schüler dazu ermutigen, in vollständiger Abhängigkeit von Gott zu leben. Der Satz, der verwendet wurde, wenn Gott einer Not begegnet war, lautete: „Ich wurde befreit!“
Eines Morgens, nicht lange nach meiner Ankunft, nahm Samuel Howells an einem Gebetstreffen der Studenten teil. Der Winter stand vor der Tür. Die Temperaturen näherten sich nachts bereits dem Gefrierpunkt. Er forderte uns auf, für eintausend englische Pfund zu beten, damit Kohle für die Heizung der Klassenzimmer und Unterkünfte gekauft werden konnte. Der Betrag war am Ende der Woche fällig. Mir schien es eine gewaltige Summe zu sein. Mit einer Not solchen Ausmaßes hatte ich noch nie zu tun gehabt. Es war auch noch nie nötig gewesen, dass ein solch großer Betrag so schnell zusammenkommen musste. Ich vereinte meine Gebete mit denen der anderen und war gespannt, was Gott tun würde.
Am Ende der Woche kam Samuel wieder in unser Gebetstreffen. Seine Augen leuchteten, sein Gesicht strahlte.
„Preis dem Herrn, wir sind befreit worden“, sagte er.
Ich möchte auch ein Mann des Glaubens sein
Da betete ich in meinem Herzen: „Herr, ich möchte auch ein Mann des Glaubens sein. Ich möchte deine Möglichkeiten erleben, Nöten zu begegnen.“
Bald darauf besuchte ein Missionar unsere Bibelschule. Während er sprach, hörte ich in meinem Herzen, wie der Herr mich aufforderte, ihm alles Geld zu geben, das ich von zu Hause erhalten hatte. Meine Eltern sowie die Gemeinden in Krempe und Glückstadt sandten mir Päckchen mit Geschenken und Geld, um mich bei den Ausgaben, die über die Schulgebühren hinausgingen, zu unterstützen. Das war alles, was ich besaß. Ich war bereit, es zu spenden, doch dann entschied ich mich, ein Pfund für Notfälle zu behalten. Nur ein Pfund, sagte ich mir. Als ich mich bereit machte, die Spende abzugeben, wusste ich in meinem Herzen, dass Gott mir gesagt hatte, dass ich mein gesamtes Geld geben sollte. Wie konnte ich wissen, was er tun würde, wenn ich etwas zurückbehielt? Also gab ich alles.
Die Zeit verging, ich hatte die Sache fast vergessen. Eines Samstags erhielt ich die Einladung, am Strand von Sunshine Corner, unweit von Swansea, zu dienen. Es war ein beliebtes Wochenendausflugsziel für Familien. Eine örtliche Gemeinde hatte dort eine Kinderevangelisation vorbereitet. Ich lud Teun de Ruiter, einen holländischen Mitstudenten, ein, mich zu begleiten. Als wir in unseren Taschen kramten, stellten wir fest, dass wir noch genau den Betrag hatten, um zusammen mit dem Bus nach Sunshine Corner zu fahren, aber kein Geld für die Rückfahrt. Wir beteten und entschlossen uns, unseren Glauben auf die Probe zu stellen. Wir wollten gehen und Gott vertrauen, dass er sich um unsere Rückfahrt kümmern würde.
Wir fuhren hin. Der Einsatz war gut. Als wir fertig waren und zurück zur Bushaltestelle gingen, lief uns der Pastor der veranstaltenden Gemeinde über den Weg. Er erkannte uns und wusste, dass wir am Strand gepredigt hatten. Sofort dachte ich, dass wir jetzt erleben würden, wie Gott unsere Bedürfnisse ausfüllt.
„Hallo Jungs, wollt ihr eine Tasse Tee mit mir trinken?“
„Sehr gerne“, antwortete ich.
Er nahm uns mit zu einem Café in der Nähe des Strandes, wir tranken mehrere Tassen Tee und die Zeit verging mit angenehmen Gesprächen. Schließlich bat er um die Rechnung und öffnete sein Portemonnaie, um zu bezahlen. Ich warf einen Blick hinein und sah mehr Geld, als ich mir vorstellen konnte. Ich begann, Gott diesbezüglich anzusprechen. Ich war sicher, dass er diesen Mann als Versorgung für unsere Rückfahrt zu uns gebracht hatte. Sicher würde Gott sein Herz bewegen und er würde uns jetzt aus seinem Überfluss heraus das Geld für die Rückfahrt schenken. Wir jedenfalls wollten nichts über unseren Bedarf sagen.
„Also vielen Dank für den Tee“, sagte ich. „Wir müssen jetzt aufbrechen. Sonst erwischen wir den Bus zur Schule zurück nicht mehr.“
Herr, wie wirst du uns versorgen?
Dieser deutliche Hinweis stieß auf taube Ohren. Er bezahlte die Rechnung, schloss seine Börse und bot uns darüber hinaus nichts an. Wir lächelten uns etwas grimmig an, als er davonging und uns an der Bushaltestelle zurückließ. Der Bus würde bald auftauchen und wir hatten kein Fahrgeld. Wie sollten wir zurückkommen? In meinem Herzen betete ich: „Herr, wo bleibt das Fahrgeld? Wie wirst du uns versorgen?“
In diesem Moment sah uns eine Frau, die gerade vom Strand kam, an der Haltestelle stehen. Sie rannte auf uns zu, als der Bus bereits in Sicht kam.
„Jungs, hier ist eine Kleinigkeit für euch! Herzlichen Dank für euren Dienst heute am Strand. Ich bin so dankbar dafür.“
Sie drückte mir Geld in die Hand und ließ uns dort stehen. Als ich nachsah und das Geld zählte, war es der exakte Betrag für unsere Fahrscheine zurück zum College.
„Preis dem Herrn, Teun. Wir sind gerettet worden.“
Gott freut sich daran, uns zu überraschen
Ich kam mir an jenem Tag vor, als wandele ich in den Fußstapfen von Georg Müller und Rees Howells. Mehr noch, ich lernte etwas Wichtiges über meine Beziehung zu meinem himmlischen Vater. Es ist nie meine Aufgabe, seine Versorgung anzuzweifeln. Er kann einen Prediger gebrauchen oder eine fremde Frau, einen Kriminellen, einen Heiligen, eine Naturkatastrophe, einen Bettler – oder er sagt mir vielleicht, dass ich meine Angel nehmen und im Maul eines Fisches nach meinem Fahrgeld für den Bus suchen soll. Er ist nicht begrenzt, und er freut sich daran, uns zu überraschen.
Vor allem lernte ich, dass Gottvertrauen mich an Orte bringen konnte, zu denen ich sonst nie gehen würde. Er konnte Ergebnisse hervorbringen, die ich sonst nicht sehen würde. Jesus sagte, dass wir im Glauben zu einem Berg sprechen und dann sehen können, wie er sich ins Meer stürzt. Ich bewegte noch keine Berge, aber durch Glauben wurde meine Beziehung zu Gott lebendig. Er war dynamisch und bewirkte etwas in der Welt um mich herum.
Ich beschloss, Gott zu vertrauen
Als das erste Schuljahr zu Ende ging, bekam ich eines Tages im Gebet das starke Empfinden, dass ich während der Sommerferien nach Hause fahren sollte. Dieses Gefühl blieb, obwohl ich kein Geld hatte, um die Bahnfahrt zu bezahlen. Nachdem ich weiter darüber gebetet hatte, beschloss ich, Gott ganz und gar für das Geld zu vertrauen. Ich wollte niemandem von meinem Bedarf erzählen, sondern so handeln, als wäre er bereits gedeckt worden.
Ich ging noch am gleichen Tag zum Reisebüro in Swansea und buchte die Fahrt im Voraus. Eine Anzahlung war nicht nötig. Der Tag meiner Abreise kam näher, da erhielt ich ein Päckchen von zu Hause. Mein Herz jubelte. Ich dachte: Das ist es! Ich öffnete das Päckchen und war sicher, das benötigte Geld darin zu finden. Doch im Päckchen war kein Geld.
Am Tag meiner gebuchten Fahrt packte ich meine Taschen. Immer noch ohne Geld. Ich fand meinen Freund Teun und bat ihn, mit mir um die Versorgung mit dem Fahrgeld zu beten. Wir gingen in einen leeren Klassenraum und beteten. Ich hatte nicht das Gefühl, dass unsere Gebete effektiv waren. Wir beteten weiter, da kamen mir die Worte eines Liedes in den Sinn. „Teun, wir haben genug gebetet. Gott hat uns erhört. Lass uns zusammen singen.“
Ich begann mit einem Lied, das wir in Swansea oft sangen. „Es ist nichts zu schwer für dich … Ich traue allein auf dich … Es ist nie zu spät für dich, oh Herr.“
Plötzlich empfing ich die Antwort in meinem Inneren. „Das Geld ist da, Teun.“ „Wo?“ Irgendwie hatte ich in meinem Geist die Überzeugung für etwas empfangen, das noch nicht sichtbar war. „Es ist da. Ich weiß nicht wo, aber es ist da. Lass uns meine Taschen holen.“
Wir liefen vom Klassenzimmer durch den Garten. Auf dem Weg zur schmalen Pforte kam ein Mitstudent namens Jim auf mich zu. Er stammte aus der oberen Klasse, die in diesem Jahr ihren Abschluss machte. Ich kannte ihn nicht sonderlich gut.
„Du brauchst Geld für die Heimreise“, sagte er. „Ich möchte dir gerne helfen. Wie viel brauchst du?“ „Gott weiß, wie viel ich brauche. Ich werde es nicht sagen.“
Auch er war ein Schüler des Glaubens. Er griff in die Tasche und zog ein Bündel Geldscheine heraus. Er legte es in meine Hand. Dann drehte er sich abrupt um und ging davon. Es war das letzte Mal, dass ich ihn auf der Bibelschule sah.
Während Teun und ich zum Reisebüro eilten, zählte ich das Geld. Teun zählte nach. „Preis dem Herrn, Reinhard. Wir sind gerettet worden!“ Es war genau der Betrag, den ich für die Fahrkarte brauchte.
Die Geschichten vom Sunshine Corner Strand und von meiner Zugfahrkarte mögen im Vergleich zu anderen Glaubenserlebnissen in meinem späteren Leben gering erscheinen. Dennoch könnten es die wichtigsten meiner Erlebnisse gewesen sein. In unserem Glaubensleben müssen wir klein beginnen und dann zu größeren Herausforderungen heranreifen. Wir sind wie der junge David. Er tötete zuerst einen Löwen und einen Bären, während er die Schafe hütete, und war dann bereit, Goliath zu besiegen und sein Volk von den Philistern zu befreien.
Was für David galt, gilt für uns alle gleichermaßen. Auch Sie haben Glaubensgeschichten. Egal, wie unscheinbar sie vielleicht sein mögen, erinnern Sie sich daran, erzählen Sie davon, machen Sie sich diese immer wieder bewusst und feiern Sie sie! Dies baut Ihren Glauben für das auf, was in Ihrem Leben als Nächstes kommen wird.
Auszug aus: „Im Feuer Gottes“ von Reinhard Bonnke